Die israelische Gemeinde begann etwa 1655 mit 10 Familien. Schon im Jahre 1689 baute sie eine Synagoge und 100 Jahre später – etwa im Jahre 1790 – an der gleichen Stelle ihr heutiges Gotteshaus. Die jüdische Gemeinde wuchs bis 1835 auf ca. 3000 Mitglieder an „Klein Jerusalem‟ und flaute bis 1914 auf 700 Seelen ab. Die meisten Kempener Juden wanderten nach New York aus, wo sie oft zu großem Wohlstand gelangten, dabei ihre alte Heimatstadt Kempen aber nicht vergaßen. Die Verbundenheit mit Kempen zeigte sich u. a. in der Stiftung einer Badeanstalt (Stahlsche Stiftung). Hervorzuheben ist, daß sich die nach Amerika ausgewanderten Kempener Juden in New York einen eigenen jüdischen Friedhof anlegten, auf dem zumindest bis 1914 nur Kempener Juden und deren Nachkommen beerdigt werden durften.
Der Einwohnerzahl entsprechend besaß die jüdische Gemeinde in Kempen während des Kaiserreichs einen der größten jüdischen Friedhöfe Deutschlands. Merkwürdig war, daß mitten auf dem Kempener jüdischen Friedhof ein mit alten Kiefern bestandener Hügel – ein Kopiec – lag. Ob er auch ein alter Urnenhügel war, konnte bis 1914 nicht festgestellt werden.
Rosenberg berichtet in seiner 1914 erschienenen Festschrift zur Feier des 250jährigen Bestehens der Gemeinde, im Jahre 1888 sei eine jüdische Musikkapelle – wie ihm seine Mutter oft erzählt und Frau von Schickfus bestätigt habe – nach Berlin gefahren, um Kaiser Friedrich III., der von den damaligen Juden sehr verehrt worden sei, ein Ständchen zu bringen. Der Kaiser soll die Kempener Kapelle nach dem Ständchen in Audienz empfangen und sich lobend über ihre Leistung ausgesprochen haben.
Quelle:
Rosenberg, Josef C. T.: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde Kempen. Festschrift zur Feier des 250jährigen Bestehens der Gemeinde, Kempen i.P. 1914, S. 154.