Evangelische Kirchengemeinde Białystok – Filial Michałowo

Kasimir Michałowski, der Grundherr des 35 km von Białystok entfernten Gutes Niezbudka, bemühte sich um Ansiedlung deutscher Tuchmacher auf seinen Ländereien. Nachdem sich im Jahr 1832 zehn Familien eingefunden hatten, ließ er ihnen Häuser zur ratenweisen Abzahlung erbauen und bestimmte auch 1835 ein Gebäude zum Betsaal und zur Schule mitsamt einer Wiese und einem Garten für den Kantor. Die neue Siedlung nannte man nach dem Familiennamen ihres Stifters Michałowo.
1838 wanderten hier aus dem Posenschen und aus Preußen weitere evangelische Deutsche ein. Im gleichen Jahr wies Michałowski ein neues Haus am Markt als Betsaal und Schule an. Als erster Lehrer und Kantor war von 1835 Gottfried Launer tätig. Durch Selbstbesteuerung wurde die Schule von den Michałowoern erhalten. 1841 erwarb man eine Glocke.
Im Jahr 1857 schenkte Severin Michałowski den Evangelischen ein größeres Grundstück zur Schule, die sie selbst erbauten und nach einem Jahrzehnt noch erweiterten. Sie wurde am 2. Advent 1871 eingeweiht. 1882 wurde die 50jährige Gründungsfeier von Michałowo durch Pastor Keuchel, Białystok, durchgeführt. Um das hier seit 1832 bestehende Filial machten sich insbesondere zwei Männer verdient, der Fabrikant Otto Fitzke und Lehrer Karl Marggraf. Letzter wirkte hier seit 1851 über 20 Jahre zur allgemeinen Zufriedenheit.
Da der alte, im Ort gelegene Friedhof aufgehoben wurde, schenkte 1894 der Erbherr Baron von Engelhardt ein Grundstück zu einem neuen Friedhof. Schon seit 1885 erwog man den Bau einer Kirche. Eine neue Anregung hierzu ging 1893 vom Adjunkten Paetsch, Białystok, aus. Den Bauplan entwarf Architekt Friedrich Lehmann in Ponewesch. Im Jahr 1895 wurde die Genehmigung zum Kirchbau und zu einer Kollekte erteilt. Der Grundstein wurde 1897 durch Pastor Liss gelegt. Der Kirchbau, von den langjährigen Kirchenvorstehern Robert Klemt und Ferdinand Potempa tatkräftig gefördert, war schon 1898 vollendet. Das unter dem Namen „Kreuzkirche‟ errichtete Gotteshaus konnte nahezu 1000 Personen fassen. Seine Einweihung, an der sich die Pastoren Liss, Tittelbach, Schultz und Needohl beteiligten, fand am 31. Oktober 1898 statt.

Bis zum Jahr 1905 verwalteten Michałowo die Pastoren von Białystok, die durchschnittlich viermal jährlich Gottesdienste hielten. Seit 1905 ging die religiöse Betreuung auf Pastor Plamsch, Grodno, über, mit Unterbrechung im Ersten Weltkrieg. 1910 tagte in Michałowo die Synode des Wilnaer Propsteibezirkes. Bis zum Ersten Weltkrieg entwickelte sich das Filial günstig, dann aber wurde seine weitere Existenz in Frage gestellt. 1915 verbannten Russen den Großteil der etwa 1000 Evangelischen (unter 3300 Ortsbewohnern), von denen fast ein Drittel Reichsdeutsche waren. Im gleichen Jahr requirierten sie drei Kirchenglocken. Im Jahr 1917 schaffte das Filial nur noch eine Glocke an. Mit Ausnahme der Reichsdeutschen u. a. kehrten die meisten der Vertriebenen aus Russland wieder zurück. Die veränderten Verhältnisse und die durch die Stillegung von Betrieben fehlenden Arbeitsplätze bedingten eine starke Abwanderung jüngerer Kräfte. Stellten die evangelischen Deutschen vor 1914 die Ortsvorsteher, so schrumpfte ihre Zahl im Jahr 1932 auf etwa 300 Seelen zusammen. Am 14. und 15. August 1932 beging man das 100jährige Gründungsjubiläum von Michałowo und seines Filials. Bestand hier früher eine dreiklassige Kirchenschule mit 150 Kindern, so besuchten 1925 die Michałowoer Privatschule nur 50 Kinder. Pastor Adolf Oswald Plamsch, Grodno, war hier sehr beliebt. Er wurde seinem Wunsch entsprechend im Februar 1939 auf dem evangelischen Friedhof in Michałowo beerdigt.

Die standesamtlichen Register wurden in Białystok geführt.

 

Quellen:
Kneifel, Eduard: Geschichte der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Niedermarschacht über Winsen an der Luhe 1962
Kneifel, Eduard: Die Pastoren der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Eging, Niederbayern 1970
Kneifel, Eduard: Die evangelisch-augsburgischen Gemeinden in Polen 1555-1939, Vierkirchen über München 1971

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