Lage
„(…) liegt nahe an der Pommerschen Grenze, auf einer Ebene, zwischen drei Seen, und wird von einem kleinen Bach (dem Beguinenfließ), welcher sich im Pyritzischen Kreise mit der faulen Ihne vereinigt, durchflossen.“
(Bra)
Karte
Kreiszugehörigkeit
1775, 1817: Kreis Arnswalde (Bü, Verz)
1. Art und Verfassung
1775, 1817: Stadt (Bü, Verz)
1791: Kreisstadt (Bü)
2. Gemarkungsgröße
1800: Stadt: 199 Hufen. – Vorwerk: 10 Hufen oder 609 Morgen (Bra)
3 d. Siedlungsaufbau
1719: 124 Häuser mit Ziegeldach, 157 Häuser mit Strohdach (Bra)
1750: 397 Häuser mit Ziegeldach, 200 Scheunen, 4 wüste Stellen (Bra)
1800: 474 Häuser mit Ziegeldach und 211 Scheunen, die sämtlich vor dem Tor liegen. – Die Stadt war ehedem mit einer hohen Mauer, Wällen und Gräben umgeben. Letztere wurden in der 1. Hälfte des 18. Jahrh. abgetragen und in Gärten verwandelt. Die Mauer ist hin und wieder eingefallen und durch Palisaden ausgebessert. 3 Tore und 2 Pforten, wovon die eine zur Maulbeerplantage auf dem Stadtwall und die andere zum Kirchhof führt. Die Stadt ist ziemlich gut gebaut und angelegt, hat bequeme und gut gepflasterte Straßen und einen freien, geräumigen Marktplatz, der 1767 durch Einziehung des Kirchhofes erweitert wurde. Öffentliche Gebäude: 1) Stadt- und Pfarrkirche, ein großes massives Gebäude, neben dem Marktpplatz, 2) Rathaus am Marktplatz, 3) Predigerhäuser und Schulgebäude in der Nähe der Kirche, 4) 2 Hospitäler: St. Georgen- und Heilig-Geist-Hospital. Der Stadtkirchhof befindet sich seit 1767 außerhalb der Stadt. – Amtsvorwerk nebst einer Schäferei, besteht aus dem dem ehemaligen Ritter- und Klostergut, 3 Feuerstellen (Bra)
4 c. Schreibweisen, Umbenennungen
„in alten Urkunden Chostentzno“ (Bü91)
1775, 1800: Arenswalde (Bü, Bra)
1817: Arnswalde (Verz)
5 a. Gerichtszugehörigkeit
1800: Das Stadtgericht ist mit dem Magistrat verbunden. (Bra)
5 c. Scharfrichtereien
1800: Scharfrichter (Bra)
6 a. Herrschaftszugehörigkeit
1775, 1800: Immediatstadt (Bü, Bra)
Vorwerk: 1775: Klostergut (gehört zum Amt Reetz) und Rittergut (Bü). – 1791: Das ehemalige Beguinenkloster ist nun ein Vorwerk zum Amt Reetz (Bü). – 1800: Das zum Domänenamt Reetz gehörige Vorwerk ist aus dem ehemaligen Kloster- und Rittergut entstanden und enthält 4 Kloster- und 6 Ritterhufen. (Bra). – 1817: Klostergut (=Vorwerk zum Domänenamt Reetz) (Verz)
6 b. Städtische Ämter und Behörden
1800: Der Magistrat besteht aus 6 Mitgliedern: 1 Oberbürgermeister (zugleich Stadtrichter), 1 Prokonsul (und Kämmerer), 3 Senatoren, 1 Stadt- und Gerichtssekretär. Die Kämmerei besitzt 2 Dörfer (Granow, Raduhn) und 3 Vorwerke (Stadthof mit 7 Hufen Land, Schulzendorf, Braunsaue [die beiden Vorwerke Freudenberg und Tietzel gehören zur Stadtkasse]), einen Teil der Waldung, die Pacht von 8 kleinen Seen und den Kanon von mehreren Ländereien und Gärten. Durch die Urbarmachung der Brücher ist die Kämmerei nach dem 7jährigen Krieg wieder empor gekommen. (Bra)
6 c. Nichtstädtische Ämter und Behörden
1800: Kgl. Akziseamt (Bra)
7 a. Sozialschichtung
1800: 40 Ackerbürger, 1 Apotheker, 3 Barbierer, 9 Bäcker, 7 Böttcher, 5 Buchbinder, 3 Drechsler, 3 Färber, 1 Friseur, 7 Garnweber, 2 Glaser, 1 Gürtler, 1 Lohgerber, 1 Handschuhmacher, 10 Hufschmiede, 2 Hutmacher, 2 Kürschner, 3 Knopfmacher, 1 Kunstpfeifer, 3 Kaufleute, 3 Kleinschmiede, 3 Maurer, 5 Materialisten, 2 Müller, 2 Nadler, 1 Organist, 3 Pantoffelmacher, 8 Rademacher, 3 Riemer, 1 Raschmacher, 1 Sattler, 2 Seifensieder, 2 Stellmacher, 1 Seiler, 7 Schlächter, 28 Schneider, 46 Schuhmacher, 1 Schornsteinfeger, 1 Scharfrichter, 1 Steinsetzer, 15 Tischler, 6 Töpfer, 15 Tuchmacher, 1 Tuchscherer, 1 Tapezierer, 2 Weißgerber, 2 Zimmerleute. – Vorwerk: 2 Einlieger (Bra)
7 b. Wirtschaft
1800: Ackerbau, Brauerei, Brennerei und Tuchmacherei sind die Haupterwerbszweige. Der Boden ist mittelmäßig. Viehstand: 277 Pferde, 8 Fohlen, 162 Ochsen, 372 Kühe, 300 Stück Jungvieh, 2.718 Schafe, 730 Schweine. Der Stadt- und Kämmereiforst liegt bei dem 2 Meilen von der Stadt entfernten Vorwerk Freudenberg und ist mit Eichen, Buchen, Kienen, Elsen und Birken gut bestanden. 127 perpetuierliche und 1 temporäre Braustellen, 60 Branntweinblasen. Jährlich 5 Kram-, 4 Vieh-, 2 Wollmärkte. (Bra)
Ziegelei 1802 (Hof)
7 c. Bildung und Kultur
1800: Bei der Stadtschule stehen 3 Lehrer (Rektor, Konrektor, Organist). Außerdem sind eine kleine Knaben- und eine Mädchenschule vorhanden. (Bra, Hof)
7 d. Soziales und Freizeit
1800: Hospitäler: 1) St. Spiritus, wozu 6 Hufen 26 Morgen Land, 2 Wiesen und einige Grabeländereien gehören; 2) St. Georgenhospital, besitzt 1 ½ Hufen Land, 2 Gärten, 2 Wiesen, einige Kohlländereien. Beide Anstalten sind für alte, arme Bürger beiderlei Geschlechts bestimmt. Die Armenkasse für die Stadtarmen hat jährlich durch Kollekten etwa 114 Rthlr. Einkünfte. Noch ist hier ein Madeweißisches und v. Schacksches Vermächtnis, jedes von etwa 100 Rthlr. Kapital, zur Unterstützung armer Kinder. Übrigens administriert der Magistrat noch das von dem Kaufmann Joachim zu Spandau im Jahre 1796 gestiftete Stipendium von 4.000 Rthlr. Kapital, dessen Zinsen den aus Arnswalde gebürtigen Studierenden auf der Universität erteilt werden. (Bra)
1 Apotheker 1800 (Bra, Hof)
7 f. Versorgung
1800: 190 öffentliche und Privatbrunnen, 4 metallene, 500 hölzerne Spritzen, 16 Leitern, 500 Eimer, 479 Feuerhaken und 23 Wasserkufen (Bra)
7 g. Mühlen
1800: 2 Wasser-, 1 Loh-, 1 Walkmühle (Hof)
1800: Die Stadt hat in ihren Ringmauern 2 Wassermühlen (Obermühle, Untermühle), ferner 1 Loh- und 1 Walkmühle. (Bra)
1817: Mahl- und Malzmühle (Verz)
7 h. Krüge
1800: 15 Schankkrüge (Hof)
7 i. Militär
Kanton: 1775, 1788: Infanterie-Regiment Nr. 19 (Ly, MKB)
Garnison: 1800: Vor dem Krieg 1 Eskadron des Dragoner-Regiments Nr. 3 (Bra)
8 a. Kirche im Mittelalter
Beguinenkloster (Bü91)
8 b. Evangelische Kirche
1775: Inspektion Arnswalde, Mutterkirche, Patronat: Der König über den Pastor, der Magistrat über den Diakon (Bü)
1800: Bei der Stadtkirche, die 24 ¾ Hufen besitzt, stehen 2 Prediger: 1 Oberprediger (zugleich Superintendent der Arnswaldischen Diözese und vom König berufen) und ein 1 Archidiakon, den der Magistrat wählt. (Bra)
8 d. Juden
1800: 6 Judenfamilien mit 66 Individuen (Bra)
1813: 26 jüdische Familienhäupter (Amtsblatt, Auß. Beil. XIV)
8 e. Weitere Glaubensgemeinschaften
Neuapostolische Gemeinde: 1914: Kirchlokal am Markt 3 (Adr NAG)
9 b. Brände, kriegerische Zerstörungen
1511 ganz und 1540 zur Hälfte abgebrannt (Bü91)
10 b. Einwohnerzahlen
1719: 724 Wirthe (ohne Frauen und Kinder) (Bra)
1750: 1.911 Menschen (Bra)
1800: Stadt: 2.507 Einwohner und 231 Militärpersonen. – Vorwerk: 18 Einwohner (Hof)
1800: Stadt: 2.440 Menschen und 230 Militärpersonen. – Vorwerk: 18 Menschen (Bra)
1817: 2.873 Seelen (Verz)
10 c. Bevölkerungsverluste
Auswanderungen: 1819 nach Russland 2 Familien (6 Personen). – 1830 nach Österreich 1 Person … (BLHA Rep. 3B I St). – 1858 nach Britisch Kaffraria [gehört heute zu Südafrika] 2 Familien (11 Personen) (Schwär S. 48, 49)
10 e. Bevölkerungsverzeichnisse
Ev. Kirchenbücher 1835-1843 (Grü). – Standesamtsregister nicht erhalten (Grü). – Stadtakten 16.-18 Jahrh. (GStA I. HA Rep. 21 Nr. 17, GStA II. HA Abt. 13, BLHA Rep. 3). – Liste der Bürger 1599, 1623 (Der Neumärker Bd. 1 S. 50-53 bzw. Bd. 3, S. 62-66). – Hausbesitzer 1660, 1672 (Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark Heft XX [1907] S. 323-331). – Infanterie-Regiment Nr. 19: Kirchenbücher 1753-1809 (GStA). – Dragoner-Regiment Nr. 3: Kirchenbuch 1772-1808 (Grü). – Feuersozietätskataster 1795, 1800, 1805, 1811, 1823 (BLHA, Rep. 3 u. Rep. 3B I Pol). – Impflisten 1810-1877 (LAG Rep. 38b Arnswalde Nr. 177-179). – Kirchliche Nachrichten in: Arnswalder Wochenblatt 1847-1850, 1857-1859 (BJ), Arnswalder Wochenblatt 1851-1856, 1860, 1861, 1882-1887 (SBB), Arnswalder Wochenblatt 1867-1869 (Uni-Bibliothek Greifswald). – Bestrafung der Eltern schulsäumiger Kinder 1850-1859, 1865-1868 (LAG Rep. 38 b Arnswalde Nr. 422-425). – Männliche Geburten und Sterbefälle 1851-1852 (APS zesp. 190 sygn. 219). – Kreis-Adreßbuch Arnswalde/Friedeberg 1925 (ancestry.de). – Gemeindeseelenliste 1945 (BArch Bayreuth OSTDOK 3/649). – Heimatortskartei Arnswalde, Kreisstadt (BArch Bayreuth B 530-KARTEIEN/1575-1584). – Datenbank: https://www.online-ofb.de/arnswalde_friedeberg
11 a. Literatur
Reich, Uwe: Die Auswanderung aus dem Regierungsbezirk Frankfurt/Oder im 19. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Kreise Cottbus und Arnswalde. Potsdam 1992 (375 S.)
Ortschaftsverzeichnisse
Bra. =
Bratring, F[riedrich] W[ilhelm] A[ugust]: Statistisch-topographische Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg. Band 1-3. Berlin 1804-1809. Kritisch durchgesehene und verbesserte Neuausgabe von Otto Büsch und Gerd Heinrich. Mit einer biographisch-bibliographischen Einführung und einer Übersichtskarte von Gerd Heinrich. Berlin 1968 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Bd. 22; Neudrucke, Bd. 2)
Bü75. =
Büsching, Anton Friderich: Vollständige Topographie der Mark Brandenburg. Berlin 1775
Bü91. =
Büsching, Anton Friedrich: Erdbeschreibung. Teil 8: Der obersächsische Kreis. 7. Auflage. Hamburg 1791
Hof. =
Hoffmann, P. J. G.: Topographie der Neumark nach ihrem gegenwärtigen statistischen und kirchlichen Zustande. Züllichau 1802
Verz. =
Verzeichniß der Ortschaften im Bezirke der Königl. Regierung zu Frankfurt an der Oder. Frankfurt an der Oder 1817
Weitere Hilfsmittel
Adr NAG. =
Adreß-Buch der Neuapostolischen Gemeinde. Verzeichnis der Gemeinden, Vorsteher und Kirchenlokale. Jahrgang 1914
Amtsblatt. =
Amtsblatt der Königlichen Neumärkschen Regierung, 1811-1816. – Amtsblatt der Regierung zu Frankfurt a. d. Oder, 1816-1945
Grü. =
Grüneberg, Georg: Kirchenbücher, Kirchenbuch-Duplikate und Standesamtsregister der ehemals brandenburgischen Kreise Königsberg, Soldin, Landsberg/W., Arnswalde, Friedeberg, Ost- und Weststernberg, Crossen, Züllichau-Schwiebus, Guben und Sorau (östl. der Neiße), Schwerin, Meseritz, Bomst. Bestandsverzeichnis 2025. Lenzen (Elbe) 2025 (=Quellen und Schriften zur Bevölkerungsgeschichte der Mark Brandenburg, Bd. 21)
Ly. =
Lyncker, Alexander von: Die altpreußische Armee 1714-1806 und ihre Militärkirchenbücher (=Schriftenreihe der Reichsstelle für Sippenforschung, Bd. 1). Berlin 1937
Literatur
Schwär. =
Schwär, J. F. / Pape, B. E.: Deutsche in Kaffraria. Germans in Kaffraria. Duitsers in Kaffraria 1858-1958
Archivalische Quellen
BLHA Rep. 3B I St. =
Auswandererkartei Regierungsbezirk Frankfurt (Oder), 19. Jahrhundert
MKB. =
Militärkirchenbücher des Infanterie-Regiments Nr. 19: Trauungen 1753-1804 (GStA PK VIII. HA MKB Nr. 431, 439, 440, 441, 555)