Portrait Prokop Katscher
Quelle: Dr. Zdeňka Kvasničková
Am 1. September 1844 wurde er als siebentes und letztes Kind des Pfarrers Joseph Kačer in Groß Friedrichs-Tabor geboren. Er studierte in Breslau Theologie. Nach beendetem Studium war er als Hauslehrer auf einem Gut in Schlesien und als Pfarrvikar in Branitz in Oberschlesien tätig. Nach dem Tode seines Vaters Joseph Kačer wurde er 1871 nach Groß Friedrichs-Tabor berufen und blieb dort bis zu seinem Tode.
Von 1871 bis zu seiner Heirat führte ihm seine ledige Schwester Marie den Haushalt. Am 31. Oktober 1886 heiratete er die Witwe Anna Wrana, geb. Korsinek, geb. am 20. August 1849 in Groß Friedrichs-Tabor. Sie brachte vier Kinder mit in die Ehe: Matthias, Marie, Joseph und Anna. In der Ehe mit Katscher wurden folgende Kinder geboren: Lydia, Wilhelm, Nathanael, Timotheus und Erwin.
Prokop Katscher predigte immer in böhmischer und zusätzlich einmal im Monat in deutscher Sprache. Während seiner Amtszeit erfolgte 1876 die Translokation von Alt Friedrichs-Tabor nach dem neuen Ort bei Gohle.
Wie sein Vater Joseph Kačer betätigte er sich dichterisch. Er übersetzte deutsche Kirchenlieder ins Böhmische. Diese Lieder sind in dem böhmischen Gesangbuch zu finden, welches 1908 in Potstyne (im Verlag der Brüdergemeinde) gedruckt wurde.Am 17. August 1904, einem Montag, verstarb er plötzlich, nachdem er noch am Sonntag in böhmischer Sprache über Lukas 18, Vers 10, den Pharisäer und Zöllner, gepredigt hatte. Er wurde auf dem neuen Friedhof in Groß-Friedrichstabor beigesetzt.
Groß Friedrichs-Tabor – Anbau der Veranda an das Pfarrhaus; die alte Frau auf der Veranda: Anna, die Witwe von Prokop Katscher (Quelle: Dr. Zdeňka Kvasničková) |
Quellen:
Kiec, Olgierd: Die evangelischen Kirchen in der Wojewodschaft Posen (Pozńan) 1918 – 1939, Harrassowitz Wiesbaden 1998;
Kvasničková, Dr. Zdeňka: Repatriace českých pobělohorských exulantů z Polska na Bezdručicko po druhé světové válce (Repatriierung der böhmischen Weißer-Berg-Exulanten aus Polen in die Region Bezdružice nach dem 2. WK), Dissertation Karlsuniversität Praha 2015;
Štĕříková, Edita: Země otců (Land der Väter), 2. Aufl., KALICH Praha 2005, Seite 34-48;
Aufzeichnungen von Adolf Schiller;
Aufzeichnungen der Familie Katscher (im Besitz der Familie Katscher)
Persönliche Gespräche mit Familienmitgliedern Katscher.
Episoden aus dem Leben Prokop Katschers |
Als Prokop Katscher das Groß Friedrichs-Taborer Pfarramt nach seinem Vater übernahm, war er ein Jahr jünger als damals sein Vater bei dessen Antritt.
Prokops ältere Schwester Marie führte ihm den Haushalt. Beide Geschwister waren auch an der Organisation des Umzugs der Groß Friedrichs-Taborer beteiligt und lebten einstweilen in einer Behelfswohnung, bis sie in das neue Pfarramt ziehen konnten. Erst mit 42 Jahren heiratete Pfarrer Prokop Katscher die Witwe Anna Vrana, geb. Korsinek. Sein Haushalt wuchs gleich um vier Kinder aus Annas 1. Ehe. Im Laufe der Zeit kamen noch fünf eigene dazu. Seine Schwester Marie zog zu ihrem Bruder nach Prag.
Die Nachkommen von Pfarrer Joseph Kačer fanden in Groß Friedrichs-Tabor ihre Heimat genauso wie die Nachkommen der tschechischen Exulanten des 18. Jahrhunderts. Ab dem Jahr 1880 begann Prokop, wahrscheinlich aus praktischen Gründen, vielleicht aber auch auf Drängen preußischer Behörden, seinen Namen nicht mehr „Kačer‟, sondern „Katscher‟, also deutsch, zu schreiben. So wie alle anderen böhmischen Pfarrer in Schlesien, predigte auch Pfarrer Katscher Tschechisch mit Ausnahme des von den Behörden angeordneten deutschen Gottesdienstes, welcher einmal im Monat stattfand. Prokop Katscher verfolgte das Leben in Böhmen. Gern übersetzte er deutsche Lieder in Tschechisch. Einige seiner Übersetzungen wurden auch in Böhmen übernommen und gedruckt. In der Gemeinde hat sich die Kunde erhalten, dass er am Sonntag den 16. August 1904 böhmisch auf den Text aus dem Lukas Evangelium 18,10 vom Gebet der Pharisäer u. Zöllner predigte. Am Montag darauf, dem 17. August 1904, verstarb er plötzlich.
Die 55 jährige Witwe Anna Katscher ist dann mit ihren minderjährigen Kindern für einige Zeit nach Breslau gezogen (wohl wegen deren Bildung).
Im Februar 1905 hielt in Groß Friedrichs-Tabor der 28 jährige Kandidat Heinrich Duvinage seine Probepredigt. Die Groß Friedrichs-Taborer waren wenig begeistert, weil Duvinage nicht Tschechisch sprechen konnte. Er war aber jung und versprach Tschechisch zu lernen. Er war der einzige Kandidat. Die Taborer gaben sich also mit ihm zufrieden. Zum 1.Juni desselben Jahres trat er seinen Dienst an. Erst im nächsten Monat wurde er feierlich ordiniert. In der Gegend um Tabor lebten damals 1260 Tschechen.
Je länger die Fortschritte des Pfarrers in der tschechischen Sprache auf sich warten ließen, desto eifriger besuchten die Groß Friedrichs-Taborer häusliche Versammlungen. In Tschermin organisierten sich damals die Baptisten, welche sich im Jahre 1911 von der reformierten Gemeinde trennten. Im Jahre 1911 zählte die evangelisch reformierte Gemeinde in Tabor 1500 Seelen.
Im August des Jahres 1911 ging Pfarrer Duvinage von Groß Friedrichs-Tabor nach Hussinetz. Die Gemeinde blieb ganze 8 Jahre zum größten Teil auf Administratoren angewiesen. Am 16. Mai 1913 wurde der junge Pfarrer Paul Goeschke nach Groß Friedrichs-Tabor berufen, welcher bereit war Tschechisch zu lernen. Wahrscheinlich fiel ihm die Sprache zu schwer, denn nach zwei Jahren, im Mai 1915 verließ er die Groß Friedrichs-Taborer Pfarrei.
Text: Wolf-Rainer Krüger, Meißen, im April 2018
Quellen:
Kiec, Olgierd: Die evangelischen Kirchen in der Wojewodschaft Posen (Pozńan) 1918 – 1939, Harrassowitz Wiesbaden 1998;
Štĕříková, Edita: Země otců (Land der Väter), 2. Aufl., KALICH Praha 2005, Seite 34-48;
Aufzeichnungen von Adolf Schiller (im Besitz der Familie Katscher);
Aufzeichnungen der Familie Katscher;
Persönliche Gespräche mit Familienmitgliedern Katscher.
Die Parochie Groß Friedrichs-Tabor
Personen der Brüdergemeinde Groß Friedrichs-Tabor