Historisches Ortslexikon für die Neumark

Driesen – Drezdenko

Lage
1791: „In einer angenehmen Gegend an der Netze, sowohl am alten Bette derselben, in welches durch die neu angelegte Schleuse so viel Wasser gelassen wird, als nötig ist, um die Mühle bei der Stadt zu treiben, als an dem neuen Kanal, durch den nun die Schiffahrt gehet.“ (Bü)
1809: „Liegt an der Poststraße nach [Ost-] Preußen, in einer angenehmen Gegend, an der Netze, 1 Meile von der Grenze des Herzogthums Warschau, 2 Meilen von Friedeberg, und hat auf der Nordseite hohe Sandgegenden und südlich die Netze und deren Bruch.“ (Bra)
 
Karte
Kreiszugehörigkeit
1775, 1817: Kreis Friedeberg (Bü, Verz)
1. Art und Verfassung
1775, 1817: Stadt (Bü, Verz)
1817: Mit Vorwerk, Holländer, ehemaliger Amtssitz der Intendantur Driesen (Verz)
2. Gemarkungsgröße
1802: 923 Morgen Acker (Hof)
1809: 709 Morgen Ackerland (Bra)
3 d. Siedlungsaufbau
1719: 81 Häuser mit Ziegeldach, 64 Häuser mit Strohdach, 40 Scheunen (Bra)
1763 wurde die Festung geschleift und eine Neustadt angelegt. (Bü91)
1802: 234 Ziegel-, 32 Stroh-, 21 Schindeldächer, 41 Scheunen (Hof)
1809: 4 massive Häuser, 236 Häuser mit Ziegeldach, 57 Häuser mit Strohdach, 41 Scheunen, 2 wüste Stellen. Driesen, das auf einer Insel zwischen der nördlich laufenden faulen Netze und der südlich fließenden krummen Netze liegt, wird in die Altstadt, die Neustadt, die auf der Esplanade und dem Glacis der ehemaligen Festung angelegt ist, die Festung und die Vorstadt vor dem Polnischen Tor eingetheilt. Die Festung wude 1603 gegen Polen angelegt. 1763, nach dem 7jährigen Kriege, ließ Friedrich II. sie eingehen, weil sie dem Land mehr schädlich als nützlich war. Die Stadt hat keine Mauern, weil sie durch das Wasser hinlänglich geschützt ist, aber 3 Tore: Deutsches, Polnisches, Holmtor. 6 Hauptstraßen, 4 Nebengassen, alter und neuer Marktplatz. Der Ort war ehedem sehr unbedeutend, ist aber in neuern Zeiten sehr vergrößert und wichtiger geworden. Die Häuser sind aus Holz mit Fachwerk. Öffentliche Gebäude: 1) Stadt- und Pfarrkirche, ein in neueren Zeiten erweitertes Gebäude, 2) Rathaus, 3) Pfarr- und Schulgebäude unweit der Kirche. (Bra)
4 a. Erste schriftliche Erwähnung, Gründung
Soll 1270 von dem polnischen Herzog Boleslaw erbaut worden sein. (Bü91)
4 c. Schreibweisen, Umbenennungen
In alten Urkunden ‚Dresn‘ und ‚Dresno‘ (Bü91)
5 a. Gerichtszugehörigkeit
1802: Das Gerichtscollegium ist mit dem Magistrat verbunden. (Hof)
6 a. Herrschaftszugehörigkeit
Die Stadt soll 1270 von dem polnischen Herzog Boleslaw erbaut worden sein, 1317 vom Markgrafen Woldemar an die v. d. Osten verliehen. 1365 bekannten die Grafen v. Driesen, dass die Schlösser Driesen und Zantoch von alters her zu Polen gehören und dass sie dieselben nebst dem dazu gehörigen Gebiet von Polen zu Lehn tragen. 1402 leistete Ulrich, Herr zu Driesen, dem König Wladislaw von Polen die Huldigung als seinem einzigen Herrn. (Bü91)
1775, 1809: Immediatstadt (Bü, Bra)
Burglehn 1775 genannt (Bü). – 1802: Burglehn oder Freigut, gehört dem Obristlieutenant v. d. Osten. (Hof)1809: Ein Freigut in der Stadt, dessen Ländereien unter den Bürgeräckern liegen, gehört dem Oberst v. d. Osten (Bra). – 1825: Rittergut, in Conurs (Matr)
6 b. Städtische Ämter und Behörden
1809: Der Magistrat besteht aus 4 Mitgliedern: 1 Stadtdirektor, 1 Prokonsul (zugleich Stadtrichter), 2 Senatoren. Die Kämmerei besitzt 3 Kolonien im Netzebruch: Neu-Ulm, Eschbruch oder Elsbruch, Militzwinkel, wovon sie den Grundzins oder Erbkanon erhebt. (Bra)
6 c. Nichtstädtische Ämter und Behörden
1809: Kgl. Post-, Akzise- und Hauptzollamt, Salzfaktorei (Bra)
7 a. Sozialschichtung
1809: 3 Ackerbürger, 1 Apotheker, 2 Barbierer, 7 Bäcker, 10 Böttcher, 1 Buchbinder, 2 Drechsler, 2 Färber, 3 Garnweber, 1 Glaser, 1 Gärtner, 5 Hufschmiede, 3 Hutmacher, 1 Kürschner, 3 Materialisten, 2 Maurer, 2 Müller, 1 Nadler, 3 Rademacher, 1 Sattler, 1 Seifensieder, 7 Fleischer, 2 Raschmacher, 1 Strumpfwirker, 2 Schlösser, 15 Schneider, 30 Schuhmacher, 1 Stärkemacher, 7 Tischler, 2 Tabakspinner, 4 Töpfer, 85 Tuchmacher, 1 Tuchscherer, 1 Weißgerber, 1 Walker, 2 Zimmerleute (Bra)
7 b. Wirtschaft
1791: Die Einwohner ernähren sich von Ackerbau, Viehzucht, Tuchweberei und Handel. Der Ackerbau ist schlecht, aber der Wiesenwachs wichtig. (Bü)
1809: Die Stadt hat unter allen Örtern in den Hinterkreisen den meisten Verkehr, wozu ihre Lage an der Netze viel beiträgt, und die Nähe des ehemaligen Polens viel wirkte. Die 1765 etablierte Treppmachersche Großhandlung, die einen großen Teil der ehemaligen Festungsgebäude kaufte, macht bedeutende Geschäfte mit Wein und Materialwaren, und hat viel zur Aufnahme der Stadt beigetragen. Übrigens besteht die Hauptnahrung der Stadt in Viehzucht, Tuch- und Zeugmacherei, Brauerei, Brennerei, Schiffahrt. 28 perpetuierliche und 16 temporelle Braustellen, 80 Branntweinblasen. Der Ackerbau ist unbedeutend, denn die Stadt hat nur einige sandige Kampländereien. Desto besser sind die Wiesen längs der Netze. Viehstand: 143 Pferde, 30 Fohlen, 33 Ochsen, 283 Kühe, 107 Stück Jungvieh, 900 Schafe, 488 Schweine. Jährlich 4 Kram- und Viehmärkte, die von Polen ehedem häufig besucht wurden. (Bra)
7 c. Bildung und Kultur
1802: Woselbst due Stadtschuke oberer Classe, eine Küster- oder Knaben- und Mädchenschule. (Hof)
1809: Die Stadtschule wird von einem Rektor und Konrektor versehen. Außerdem ist noch eine Knaben- und Mädchenschule vorhanden, worin der Organist und Küster unterrichten. (Bra)
Männergesangverein „Harmonie“ 1906 erw. (LGV-Archiv, C 12 D-1-00196)
7 d. Soziales und Freizeit
1809: Für die Stadtarmen ist eine Armenkasse vorhanden, die durch milde Beiträge jährlich etwa 40-50 Rthlr. Einkünfte hat. (Bra)
1 Apotheker 1802, 1809 (Hof, Bra)
7 e. Verkehr
1791: Schifffahrt durch den neuen Kanal (Bü)
1802: Postcours p. Driesen (Hof)
7 f. Versorgung
1809: 71 öffentliche und Privat-Brunnen, 3 metallene, 275 hölzerne Spritzen, 169 Feuer-Leitern, 269 Eimer, 270 Haken, 9 Wasserkufen (Bra)
7 g. Mühlen
1802: 1 Wasser-, 2 Wind-, 1 Loh-, 1 Walkmühle (Hof)
1809: Bei der Stadt befinden sich 1 Wasser-, 2 Wind-, 1 Loh- und Walkmühle, wovon die beiden ersteren zum kgl. Domänenamt Driesen gehören. (Bra)
1817: Wassermühle (Verz)
7 h. Krüge
1802: 4 Schankkrüge (Hof)
7 i. Militär
1603 kleine Festung wider die polnischen Einfälle angelegt, 1636 von den Schweden vergeblich angegriffen, aber 1639 eingenommen, erst 1650 zurückgegeben, 1758 die preußische Besatzung abgezogen, worauf sie von den Russen besetzt und noch mehr befestigt, aber noch im selben Jahr verlassen, 1763 wurde die Festung geschleift. (Bü91)
1809Die Garnison besteht aus 1 Eskadron des Dragoner-Regiments Nr. 3. (Bra)
8 b. Evangelische Kirche
1775: Inspektion Landsberg, Mutterkirche, Patron: König über das Pastorat, Magistrat über das Diakonat (Bü)
1809: Bei der Stadtkirche stehen 2 Prediger, die zur Friedebergischen Diözese gehören: 1 Oberprediger, der von dem König, und 1 Diakon, der von dem Magistrat berufen wird. (Bra)
8 d. Juden
1809: 9 Schutzjuden mit 90 Individuen (Bra)
1813: 31 jüdische Familien-Häupter (Amtsblatt, Auß. Beil. XIV)
9 b. Brände, kriegerische Zerstörungen
1662 ganz abgebrannt (Bü91)
10 b. Einwohnerzahlen
1719: 136 Wirte (ohne Frauen und Kinder) (Bra)
1750: 785 Menschen (Bra)
1802: 2.134 Einwohner und 273 Militärpersonen (Hof)
1809: 2.152 Menschen und 270 Militärpersonen (Bra)
1817: Stadt: 2.565 Seelen, Vorwerk: 22 Seelen, ehemaliger Amtssitz: 49 Seelen (Verz)
10 e. Bevölkerungsverzeichnisse
Standesamtsregister 1874-1944 (Grü)
Stammrolle 1817, 1824 (APG, Best. 182, Sign. 951-953)

Ortschaftsverzeichnisse

Bra. = Bratring, F[riedrich] W[ilhelm] A[ugust]: Statistisch-topographische Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg. Band 1-3. Berlin 1804-1809. Kritisch durchgesehene und verbesserte Neuausgabe von Otto Büsch und Gerd Heinrich. Mit einer biographisch-bibliographischen Einführung und einer Übersichtskarte von Gerd Heinrich. Berlin 1968 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Bd. 22; Neudrucke, Bd. 2)

Bü75. = Büsching, Anton Friderich: Vollständige Topographie der Mark Brandenburg. Berlin 1775

Bü91. = Büsching, Anton Friedrich: Erdbeschreibung. Teil 8: Der obersächsische Kreis. 7. Auflage. Hamburg 1791

Hof. = Hoffmann, P. J. G.: Topographie der Neumark nach ihrem gegenwärtigen statistischen und kirchlichen Zustande. Züllichau 1802

Verz. = Verzeichniß der Ortschaften im Bezirke der Königl. Regierung zu Frankfurt an der Oder. Frankfurt an der Oder 1817

Weitere Hilfsmittel

Amtsblatt. = Amtsblatt der Königlichen Neumärkschen Regierung, 1811-1816. – Amtsblatt der Regierung zu Frankfurt a. d. Oder, 1816-1945

Archivalische Quellen

LGV-Archiv, C 12 D-1-00196. = Festkarte zum X. Sängerfest des Neuen Neumärkischen Sängerbundes 1906 in Friedeberg/ Nm.

Matr25. = Matrikel der Rittergüter in der Mark Brandenburg und der Niederlausitz, 1825: GStA PK, I. HA Rep. 77 Ministerium des Innern, Tit. 438, Nr. 64, Bd. 1, 2 (Bd. 1: Kreise Arnswalde, Crossen, Friedeberg, Königsberg, Landsberg, Bd. 2: Kreise Soldin, Züllichau-Schwiebus)

 


 

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