Geschichte der Gemeinde und des Gebietes Groß Tabor (Tabor Wielki)


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Obelisk von Alt Tabor im Wald nördlich von Gola

Obelisk von Alt Tabor im Wald nördlich von Gola
Oktober 2010

 

18. Jahrhundert

17.01.1742 Der Preußische König nimmt das Herrschaftsgebiet Wartenberg in seine Verwaltung
04.11.1742 Ein Großfeuer vernichtete in Wartenberg 75 Bürgerhäuser, das Rathaus und die Schule
11.12.1742 In der Wartenberger Schlosskapelle wird die „Simultanea‟ eingeführt. Die lutherischen und die reformierten Gottesdienste, an denen auch das einfache Volk teilnimmt, wechseln sich weiterhin ab
1743 Böhmische Emigranten, die dem Grafen Reichenbach von Goschütz unterstellt sind, besuchen die Vereinigung der polnischen „Jednota bratrská‟ (Polnischen Brüderschaft) in Lešno. Der Graf schickte sie dorthin, um zu prüfen, welchen Glaubens die Böhmen sind. Die Emigranten von der Reichenbacher Herrschaft kommen zum Abendmahl nach Wartenberg in die Schlosskapelle. Dort lernen sie den reformierten Prediger Majewský kennen
24.02.1749 Der preußische König erteilt die Genehmigung zur Gründung der böhmischen Emigrantenkolonie Friedrichs Tabor. Für jedes Grundstück in einer Größe von 14 Morgen und 43 Ruten (Stock) sollen die Böhmen jährlich eine Pacht von 3 Reichstalern und 6 Groschen zahlen. Einschließlich Pfarrhaus und Schule erhalten die Emigranten 58 Anteile (Parzellen, Grundstücke)
04.03.1749 Brennt das Schloss der Reichenbacher in Goschütz ab. Die Böhmen aus der Reichenbacher Herrschaft ziehen nach Tabor
November 1749 Der erste Prediger in Tabor, Pavel Boguslav Kaluski, wird berufen
04.03.1750 In Tabor leben 75 Familien mit ca. 400 Seelen
1752 Die Exulanten gründen Klein Friedrichstabor. Für jeden der 14 Anteile von der Größe von 15 Morgen und 10 Ruten bezahlen die Kolonisten eine Jahrespacht von 3 Reichstalern
1754 Der Lehrer Jan Pražák kehrte nach Berlin zurück. Die Stelle bleibt bis zum Jahr 1762 unbesetzt
März 1755 Einige Familien bereiten ihren Umzug von Tabor nach Berlin vor. Im gleichen Jahr wird eine Spendensammlung für den Kirchenbau in Tabor ausgeschrieben
1758 Am Karfreitag stirbt nach 10-jährigem Dienst in der Taborer Gemeinde der Prediger Kaluski. Der Superintendent Loos sendet den Prediger Jan Kosarin nach Tabor, der hier eine gewisse Beliebtheit erreicht.
02.09.1758 Der Volksprediger Jan Šlerka kommt nach Tabor. Zunächst kommt es zum Disput mit den Herrnhut-Anhängern
08.11.1758 Taborer Einwohner bitten um die Bestätigung von Kosarin als ihren ständigen Prediger
18.12.1758 Die königliche Kammer benennt statt Kosarin den Jan David Richter für das Taborer Pfarramt
30.03.1759 Jan Šlerka wird von der königlichen Kammer aus Tabor ausgewiesen. Ostern tritt Pfarrer Richter seinen Dienst in Tabor an
1761 Die russischen Armeen des Marschalls Butulrin verwüsteten die Wartenberger Ländereien
Oktober 1762 Der neue Lehrer und Kantor Daniel Vrba kommt nach Tabor
1763 Die Exulanten erhalten die wüste Siedlung Tschermín. Das Land wird in 60 Teile von 14 Morgen und 103 Ruten aufgeteilt. Für jedes Anwesen soll monatlich eine Steuer von 3 Groschen und 8 Pfennige bezahlt werden. Die Wartenberger Obrigkeit verpflichtete sich, den bisherigen Bodenertrag zu ersetzen; das machte pro Anwesen jährlich 10 Reichstaler und 8 Groschen
01.05.1764 Den Kolonisten in Tschermin werden ihre Anteile und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen bestätigt
01.09.1764 Byrons Verwalter Herr Trotta, genannt Treyden, kommt nach Wartenberg und übernimmt die Verwaltung
1769 In Tschermin stehen erst 9 neu gebauten Anwesen
Juli 1771 Kantor Vrba Tabor verläss Tabor. Während seiner Tätigkeit hat er in Tabor für viel Unruhe gesorgt 1. Dezember – hat der neue Lehrer und Kantor Daniel Ernst Zimmermann seinen Dienst angetreten.
01.12.1771 Der neue Lehrer und Kantor Daniel Ernst Zimmermann tritt seinen Dienst an
1772 In diesem Jahr wirtschaften in Tschermin 41 Wirte, aber tatsächlich wohnen nur 15 von ihnen in 13 Häusern
1773 Die Breslauer Kammer droht den Tscherminer Kolonisten mit Ausweisung, weil sie ihre Pflichtabgaben nicht ordentlich gezahlt haben
11.06.1773 In Groß Tabor wird mit dem Bau einer Fachwerkkirche begonnen
Dezember 1773 Das Fachwerk des Kirchenbaus ist bis auf den Turm fertiggestellt. Das Gebäude ist 25 Ellen lang, 16 Ellen breit, 10 Ellen bis zum Dach hoch. Es hat 6 Fenster, zwei Türen und an der Seite eine Sakristei
1775 Die königliche Kammer genehmigt eine zweite Sammlung für den Kirchenbau in Tabor
Juli 1775 Die Taborer feiern die ersten Gottesdienste in der unfertigen Kirche
22.09.1776 Die Taborer weihen in Anwesenheit des Hofpredigers Loos und des Predigers Štětina aus Hradec (Gratz) ihre neue Kirche
1787 Die Hussinetzer (Hussinetz – böhmische Kolonie bei Strehlen) schenken den Taborern eine Orgel mit 11 Registern
1796 In Groß Tabor finden sich auf 56 bewirtschafteten Stellen 305 Einwohner, in Klein Tabor auf 16 Stellen 66 Einwohner und in Tschermin auf nur 18 Stellen 129 Einwohner

19. Jahrhundert

02.07.1802 Der Pfarrer Jan David Richter wird beerdigt, er diente in Tabor 43 Jahre und stirbt mit 74 Jahren am schwarzen Husten. Die Böhmen verhandeln haben über den Bodenkauf im polnischen Zelów
1803 Die Tabor-Kirche ist nach 28 Jahren bereits baufällig. Gottesdienste dürfen wegen der Gefahr nicht abgehalten werden
1805 Die russische Armee zieht durchs Land
1806 Die Taborer reparieren ihre Kirche mit dem Aufwand von 500 Talern
09.07.1807 Die französische Armee kommt ins Land und blieb bis zum Herbst des nächsten Jahres
28.07.1807 Ein Feuer vernichtet fast die ganze Kleinstadt Bralin
1811 Die Taborer haben wieder ihren eigenen Prediger. Die Stelle übernimmt der aus Ungarn stammende Pfarrer Tomáš Kováč. Er kommt aus Vtelno und wurde am 18.10.1810 nach Tabor berufen
28.04.1813 Stadt und Schloß Wartenberg brennen ab
14.04.1822 Nach 11-jährigem Dienst in Tabor stirbt Pfarrer Tomáš Kováč. Die Taborer bleiben zwei Jahre ohne einen Geistlichen
17.06.1824 Auf die Fürbitte des Hussinetzer Pfarrers Petr Šikora nimmt sich der böhmische Pfarrer und Senior Jan Nešpor der Taborer Gemeinde an
November 1827 Pfarrer Jan Nešpor kehrt zu seiner Gemeinde in Močovice zurück
05.12.1829 Pfarrer Jan Katscher wird nach Tabor berufen
1834 Die Tscherminer errichten eine eigene Schule
1845 In Groß Tabor stehen 58 Häuser, in den 393 Bewohner leben, in Tschermin 74 Häuser mit 448 Bewohnern
1869 Die Böhmen willigen in einen Umzug von Groß Tabor auf neues, fruchtbareres Land ein
10.06.1870 Die königliche Kommission beglaubigt das Übereinkommen zwischen Groß Tabor und dem Fürsten Byron über die Umsiedlung der Gemeinde
25.01.1871 Nach 41-jähriger Dienstzeit in Tabor stirbt der Pfarrer Josef Katscher. Seinen Platz übernimmt sein Sohn Prokop Katscher
Dezember 1873 Als neuer Lehrer kommt der bisherige Hilfslehrer in Hussinetz, Jan Jelínek, aus Böhmen stammend, nach Tschermin. Er soll die endgültige Germanisierung in der Taborer Schule durchführen
06.06.1874 Den Taborern wird die finanzielle Unterstützung der Umsiedlung aus der Staatskasse bewilligt
24.06.1875 Der Pachtvertrag für das Gebiet Gohle, wohin Groß Tabor umgesiedelt werden soll, endet. Die Umsiedlung wird auf das nächste Jahr festgelegt
15.02.1876 Die Taborer erhalten die zugesagte Unterstützung in Höhe von 9000 Mark. Die Gemeinde beginnt mit dem Umsiedlung
1884 Nach den Plänen des Baumeisters Souchon aus Oels werden die Ziegelbauten der Kirche, des Pfarrhauses und der Schule errichtet
09.01.1885 In Tschermin brennt die Mühle zusammen mit dem Wohngebäude aus. Sie wird nicht wieder aufgebaut
03.11.1885 Feierlichen Einweihung der neuen Kirche im Beisein des Generalsuperintendent Erdmann. Er predigte über den Text Math.17, 4 „Herr hier ist gut sein‟. Das ist auch der Text auf dem Kirchensiegel von Groß Friedrichs Tabor.
1886 Auf dem Friedhof in Alt Tabor darf nicht mehr beerdigt werden. Die Tscherminer legen deshalb einen eigenen Friedhof an
1889 Gründung der Schule in Klein Tabor
1891 Eröffnung einer „Zweiklassenschule‟ im Tschermin

20. Jahrhundert

17.09.1904 Pfarrer Prokop Katscher stirbt. Er diente in seinem Geburtsort 33 Jahre
01.06.1905 Pfarrer Heinrich Duvinage wird nach Tabor berufen. Groß und Klein Tabor haben zusammen mit Tschermin insgesamt 1342 Einwohner, davon 1258 Böhmen
1908 Bei Karel Jelínek in Tschermin reformiert sich die „Gemeinschaft der Erwachens‟ (probuzených) und bei Karel Stehlík die „Gemeinschaft in den Wiesen‟ (V loukách)
1911 Die Pfarrgemeinde Tabor zählt 1500 Seelen. In Groß Tabor unterrichten 2 Lehrer 163 Kinder, in Klein Tabor 1 Lehrer 34 Kinder und im Tschermin 2 Lehrer und 154 Kinder. Im gleichen Jahr kommt es zur Abtrennung der Baptisten. Die Versammlungen finden im Haus des Karel Stehlík in Tschermin statt. In die Kanzel nach Tschermin pendelte der deutsche Prediger Robert Drews aus Posen.
August 1911 Pfarrer Duvinage wechselt von Tabor nach Hussinetz (bei Strehlen)
16.05.1913 Der junge deutsche Pfarrer Paul Goeschke übernimmt die Pfarre in Tabor, blieb jedoch nur 2 Jahre
Die Pläne für den Bau einer weiteren evangelischen Kirche in Tschermin werden durch die Gemeindeverkleinerung (Absplitterung der Baptisten, die immer mehr Gemeindemitglieder für sich gewinnen) und durch den Ausbruch des 1.Weltkrieges verhindert
August 1919 Polnischer Aufstand in Oberschlesien
September 1919 Der dritte Pfarrer aus der Familie Katscher – Nathanael Katscher – tritt in Tabor seinen Dienst an
20.01.1920 Polen besetzt das deutsche Grenzgebiet. Die böhmischen Kolonien im Taborland kommen unter vorläufige polnische Verwaltung
Oktober 1920 Der Bruder des Pfarrers Nathanael Katscher, Wilhelm Katscher (Ingenieur in Cížkovice in der Tschechoslowakei) , bittet den Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik, die Reemigration der Taborer zu ermöglichen
23.02.1921 Der Prediger Ludvík Miksa übernimmt die Aufgaben bei den Baptisten in Tschermin
20.10.1921 Festlegung des neuen Grenzverlaufs zwischen Deutschland und Polen. Tabor und Umgebung fallen an Polen
28.05.1922 Es entsteht die selbstständige Baptistengemeinde Ostrzeszów (Schildberg) – Tschermin. Bei ihrer Gründung zählt sie 115 Mitglieder
1925 Der baptistische Hilfsprediger Jan Jersák aus Zelów kommt nach Tschermin, er bleibt nur 1 Jahr
1934 Der neue baptistische Prediger Frank wohnt zuerst in Klein Tabor; ab 1936 in Ostrzeszów (Schildberg)
03.11.1935 Die reformierte Gemeinde in Tabor feiert das 50-jährige Jubiläum des Kirchenbaues
01.09.1939 Die deutsche Armee fällt in Polen ein. Das Taborland kommt unter deutsche Verwaltung
1941 Der Pfarrer Nathanael Katscher wird als Superintendent nach Posen versetzt. Von dort aus betreut er auch Tabor und Bralin
08.05.1945 Ende des 2.Weltkrieg zu Ende. Deutschland ist besiegt. Tabor und Umgebung kommen wieder unter polnische Verwaltung
August 1945 Die Taborer erhalten die Anmeldeformulare für die Reemigration in die Tschechoslowakei
24.12.1945 Alle Böhmen haben ihre Kolonien in Tabor und Umgebung verlassen und sind nach Tschechien oder Deutschland zurückgesiedelt
15.11.1980 Die Katholiken von Tabor Wielki (Groß Tabor) weihen die sanierte Emigrantenkirche, die Jahrzehnte ungenutzt stand, ein. Der marode Turm musste beseitigt werden. Die Glocken hängen nun in einem Glockenstuhl neben der Kirche

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin.

 

Quellen:
Štĕříková, Edita: Země otců (Land der Väter), 2. Aufl., KALICH Praha 2005

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