Krieges-Carte von Schlesien: 1747–1753

Als Friedrich II. (1712-1786) nach dem Tode seines Vater Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) König in Preußen und Markgraf von Brandenburg geworden war, ergab sich durch den Tod von Kaiser Karl VI. am 20.Oktober 1740 eine Schwächung der Habsburger, denn die pragmatische Sanktion, welche Maria Theresia als seine Nachfolgerin festgelegt hatte, wurde nun von Karl Albrecht von Bayern als auch von Friedrich II. angefochten. Letzterer beanspruchte Schlesien und begründete dies mit der Erbverbrüderung von 1537. Allerdings war auf diesen Anspruch schon 1686 durch Friedrich Wilhelm (1640-1688) verzichtet worden. Trotzdem marschierte Friedrich II. am 16.12.1740 in Schlesien ein und 1742 wurde im Frieden von Berlin Nieder- und Oberschlesien Preußen zugesprochen, nur die Regionen um Freiwaldau, Jägerndorf, Teschen und Troppau verblieben bei Österreich. Diese Regelung wurde nach dem Zweiten Schlesischen Krieg (1744-1745) mit dem Frieden von Dresden am 25. Dezember 1745 bestätigt.

Für das neu zu Preußen gekommene Gebiet war eine exakte topographische Landesaufnahme notwendig geworden um es in einem erneuten militärischen Konflikt verteidigen zu können, eine Überlegung, die im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) zum Tragen kam, als diese Karten intensiv genutzt wurden. Der 1738 von Homanns Erben in Nürnberg erschienene „Atlas Silesiae id est Ducatus Silesiae“ bot die gewünschte Genauigkeit nicht. Deshalb wurde Oberst Carl Friedrich von Wrede (1702-1764) am 20.11.1746 von König Friedrich II. mit einer genauen Aufnahme der schlesischen Lande entlang der Grenzen nach Österreich, Polen und Sachsen beauftragt. Er war zu dieser Zeit verantwortlich für den Ausbau der Festung Glatz. Die Landesaufnahme gestaltete sich ohne nennenswerte Schwierigkeiten, da die Kriegs- und Domänenkammer die schlesischen Landräte anwies, dem Aufnahmeteam jegliche Unterstützung zu gewähren und Ortskundige sowie Hilfskräfte für das Tragen der Instrumente zu stellen.

Die Kartenaufnahme erfolgte in fünf Abschnitten innerhalb von sieben Jahren im Maßstab 1:33333. Der Maßstab wird mitunter auch mit 1: 35 000 angegeben. Den Beginn der Arbeiten ordnete jeweils der König an, dem Wrede auch monatlich Bericht über deren Fortgang erstatten musste und dem die Kartenblätter nach Fertigstellung direkt übersandt wurden .Jede Kartensektion enthält auf der Randleiste oder der Rückseite das Kataster der Kurmärkischen Kammer mit Angaben über Ortschaften und deren Eigentümer, die Bewohner und die Bespannung. Es entstanden insgesamt 195 handgezeichnete und kolorierte Kartenblätter im Format 47 x 68 cm.

  1. Krieges-Carte Laengst der Schlesischen und Boehmischen Grentze von der Lausnitz an, bis Maehren in 42 Sectiones getheilet. 1747
  2. Krieges-Carte Eines Theil des Oppelschen und Ratiborschen Fürstenthums jenseits der Oder bis an die Pohlnische Grentze und von der Stoberau bis an die Teschensche Grentze in 40 Sectiones getheilet. 1749
  3. Krieges Carte Des Theiles von Ober Schlesien diesseits der Oder, von Brieg bis Oderberg, ferner längst der Oesterreichischen Grentze über Troppau und Jaegerndorff bis Patschkau und so fortan über Münsterberg und Brieg. In 35 Sectiones getheilet. 1750
  4. Krieges Carte Eines Theils von Nieder-Schlesien, von der Gegend Naumburg am Queiss längst der Lausnitz bis Crossen und Längst der Oder nach Gross-Glogau von dar zurück über Polckowitz Haÿnau bis Goldberg und ferner über Graeditzberg in der Gegend Naumburg am Queis, in 36 Sectiones getheilet. 1751
  5. Krieges Carte Der Gegend von Bresslau bis an die Pohlnische Grentze und den Cretzburg bis nach Züllchau, in 42 Sectiones getheilet. 1753

Auf den Titelblättern befinden sich insgesamt 67 Pläne von Städten Preußisch- und Österreichisch Schlesiens, allerdings auch ein Plan der Ruine Gröditzburg und drei Pläne von Städten der Neumark, nämlich Crossen, Sommerfeld und Züllichau. Zusätzlich wurden fünf Übersichtskarten im Maßstab von ca. 1:70 000 und eine Generalkarte im Maßstab von ca. 1:140 000 erstellt.

Die Karten waren ausschließlich für militärische Zwecke bestimmt. Die Militärstellen erhielten Kopien des Werkes, die in Potsdam hergestellt wurden und strenger Geheimhaltung unterlagen. Das in der Staatsbibliothek von Berlin befindliche Original war für den persönlichen Gebrauch des Königs bestimmt und wurde in der Plankammer des Schlosses in Potsdam aufbewahrt. Daher wurden die fünf Bände des Werkes in rotes Saffianleder gebunden und mit Goldprägung der königlichen Initialen F. R. (Fridericus Rex) und der Krone verziert. Wichtig waren dem König bei der Kartenaufnahme die Grenzgebiete, weshalb sich Wrede zunächst all dieser Gebiete annahm und einen breiten Streifen links der Oder nördlich von Glogau über Lüben, Liegnitz, Kostenblut, Strehlen, Grottkau bis zur Oder bei Ohlau unbearbeitet ließ. Als er diesen Streifen auch noch kartieren wollte, wurde ihm das vom König untersagt.

Das Kartenwerk von Carl Friedrich von Wrede beeindruckte wegen der ausführlichen Deutlichkeit der Wegführungen, einer anschaulichen Hervorhebung der Geländemerkmale und vor allem wegen des vollständigeren Dorfbildes. Theodor Maschke betont, dass die Vorzüge der Karten in der genauen Kenntnis der Verhältnisse von Wald, offener Flur, Sumpf und Niederungen innerhalb des Landschaftsbildes, der Anlage der Talauen, der Zahl der Städte, Dörfer und Siedlungen, ihrer Verteilung, der Ausdehnung sowie ihrer Umrissformen und Planstruktur besteht. Daneben sind in den Karten viele wichtige Daten vorhanden, so z.B. alle Gebäude markiert, die Stallungen, Höfe, Kirchen, Klöster und Kapellen, Burgen und Burgruinen, Poststationen, Stein- und Holzbrücken, Kreuzungen, Windmühlen, Wassermühlen, Sägewerke, Ziegelwerke, Kalköfen, Glashütten, Eisenwerke und Bergwerke.
Erst von den Preußischen Urmesstischblättern im Maßstab 1:25000 von 1823 bis 1831 wurden die Karten übertroffen.

Stefan Guzy, dem ich für sein Engagement sehr danken möchte, hat die Erfassung der in dem Kartenwerk jeweils auf dem rechten Rand oder der Rückseite genannten Orte, teilweise mit der ”Designation derer Öhrter, Eigenthümer, Bürger und Bauren, Gärtner und Häusler, Pferde“ initiiert, vorbereitet und entsprechende Unterlagen beschafft. Ein Dank geht auch an die Mitarbeitenden der Kartenabteilung der Staatsbibliothek preußischer Kulturbesitz in Berlin, die in zuvorkommender Weise das Projekt unterstützen. Gegenwärtig sind die Orte des Bandes 3 zu ermitteln, weitere werden folgen. Zu jeder Ortsangabe finden sich die Ortsbezeichnung in der Karte, die Angabe des Altkreises der habsburgischen Verwaltungseinteilung und der Herrschaft, die Ortsangabe und Kreiszugehörigkeit für 1913 und die heutige polnische bzw. tschechische Benennung.

Berlin, den 07. November 2023.
Andreas Rösler


Kontakt   E-Mail

 

Quellen und Literatur:

  • Krieges-Carte von Schlesien: 1747–1753. Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Kartenabteilung, gr. 2° Kart. N 15060 1/5.
  • Christian Friedrich von Wrede: Krieges Carte von Schlesien 1747–1753. Farbmikrofiche-Edition. Einführung und historisch-geogr. Register von Klaus Lindner (Monumenta cartographica et topographica ; 1. München, Lengenfelder, 1992.
  • Theodor Maschke: Der Quellenwert der staatlichen Landesvermessungen Friedrichs des Großen für die Landes- und Siedlungsgeschichte des altpreußischen Schlesiens. In: Schlesische Geschichtsblätter 1928, Heft 3, S. 49–59.
  • Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. Kostbare Handschriften und Drucke. Ausstellungskatalog. Wiesbaden 1978, S. 130.
  • Klaus Lindner: Zwischen Oder und Riesengebirge. Schlesische Karten aus fünf Jahrhunderten. Ausstellung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin. Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. Ausstellungskataloge 29. Weißenhorn 1987

 

Hier kann nach Orten gesucht werden

Zurück zu Seite Projekte/Datenbanken
Zurück zur Forschungsstelle Schlesien

 
nav nav
nach oben
Die Inhalte der Website und das Menü sind so umfangreich, dass wir empfehlen, das Querformat zu benutzen.