Baptisten und Evangeliumschristen in Russland

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Besonderheiten im Forschungsgebiet

Die verschiedenen evangelischen Gemeinden waren eine kleine Minderheit in dem großen Russischen Zarenreich. Deren Pastoren und Prediger gehörten zu den Amtspersonen, die Geburten, Heiraten und Sterbefälle beurkunden durften. Dies galt für alle Konfessionen in Russland bis zur Einführung der Standesämter per Dekret vom 18. Dezember 1917.

Um die Geschichte der Gemeinden vor über 100 Jahren beschreiben zu können, sind erhaltene Dokumente häufig der einzige Beleg für die Existenz dieser Gemeinden.

 

Zur Geschichte der Baptisten in Russland

Am 15. November 1858 wurden in Adamow, Russisch-Polen die ersten 9 Baptisten vom Bruder WEIST getauft. Zu den Täuflingen gehörte G.F. ALF (*1831 †1898), der erste Baptist und Prediger in Russland. Dieser Tag wurde später als Jubiläumstag der Baptisten in Russland gefeiert. Auf das Wirken von Bruder ALF sind die ersten Gemeindegründungen in Horschtschik und Sorotschin (beide 1864) und Neudorf (1866) in Wolhynien zurückzuführen. In den Folgejahren war die Entwicklung der Baptistengemeinden in Russland von Pastor Karl ONDRA (*1839 †1887) geprägt.

Die Gemeinden standen unter Selbstverwaltung. Für die Leitung waren ein Gemeindevorstand und die Gemeindeältesten zuständig. Im Jahr 1874 wurde eine Russisch-Rumänische Vereinigung gegründet. Eine Mitwirkung der Gemeinden in der Vereinigung geschah auf Freiwilligenbasis. Eine staatliche Anerkennung und freie Ausübung des Glaubens wurde den Baptisten ab 1879 in Russland zugestanden. Jedoch sollte die Nichtanerkennung durch andere Glaubensgemeinschaften noch viele Jahrzehnte fortdauern.

Nach 10 jährigem Bestehen der Russisch-Rumänische Vereinigung wird diese auf der Konferenz in Neudorf 1884 geteilt in die Westrussische Vereinigung mit den Gemeinden in Wolhynien und die Südrussisch-Rumänische Vereinigung mit den Gemeinden in Südrussland und Rumänien. Im Jahr 1887 erfolgte die Gründung der Russichen Union mit der Polnischen Vereinigung und den beiden o.g. Vereinigungen. 1888 wechselte die Baltische Vereinung von der Ostpreußischen Vereinigung zur Russischen Union. Es folgten eine Vielzahl weiterer Gemeindegründungen im gesamten Zarenreich.

Im Jahr 1908 wurden für die Russische Union insgesamt 159 Gemeinden mit 449 Stationen, 163 Kapellen, 331 Sonntagsschulen, 1.334 Lehrer und 14.609 Schüler gezählt. Baptisten und Evangeliumschristen wirken in vielen Regionen gemeinsam und schlossen sich zusammen.

Mit der Oktoberrevolution 1917 in Russland vollzog sich ein gravierender gesellschaftlicher Wandel. Gläubige wurden in den Folgejahrzehnten verbannt, verhaftet und umgebracht. Erst mit der Perestroika und Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 konnten sich wieder Baptisten-Gemeinden in Russland und den Folgestaaten gründen.

Innerhalb der Zweiten Polnischen Republik bildete sich im Jahr 1921 eine Slawische Vereinigung und am 26. Mai 1928 wurde die Union der Baptisten-Gemeinden deutscher Zunge in Polen gegründet.

Die nachfolgende Auflistung der Gemeinden ist unvollständig, bedingt durch die mangelnde Quellenlage. In Klammern die Gründungsjahre der Gemeinden.

Vereinigungen: BaltischeEstnischePolnischeWest-Russische
Süd-RussischeSibirienKaukasus-, Kuban- und TerekgebietSt. Petersburg

 
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Baltische Vereinigung (ab 1888 zur Russischen Union)
Gulben Hasenpoth Jekapstadt Libau (1881)
Lublate Mitau Preekuln (1876) Riga
Sackenhausen (1883) Siguld Turlau Sirgen

 
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Estnische Vereinigung (ab 1901)
Reval Pernau Hapsal Kertel-Dago
Rumm      

 
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Polnische Vereinigung (ab 1887)
Kicin (1861) Kuruwek (1870) Lodz (1878) Radawczick / Radawzik (1884)
Warschau (1888) Zdunska-Wola (1885) Zelow (1886) Zezulin (1873)
Zyrardow (1875) Gehört zum Bereich der Forschungsstelle Mittelpolen

 
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West-Russische Vereinigung (ab 1884)
Galka (1888) Kowno (1889)    
Gouvernement Wolhynien / ab 1921 Wojewodschaft Wolhynien, Polen
Lucinow / Luzinow (1881) Roshischtsche / Rozyszcze (1884) Gehört zum Bereich der Forschungsstelle Wolhynien
Gouvernement Wolhynien / ab 1922 Ukrainische Sowjetrepublik, UdSSR
Cholossna (1875) Horschtschik (1864) Iwanowitsch (1885) Mosejewka (1888)
Neudorf (1866) Sorotschin (1864) Gehört zum Bereich der Forschungsstelle Wolhynien
1923 gab es in (Ost-) Wolhynien 10-11 Gemeinden mit ungefähr 7.000 Mitgliedern.

 
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Süd-Russische Vereinigung (ab 1887)
Alt-Danzig (1869) Eupatoria (1887) Belowesch (1888) Johannisthal (1885)
Kleinliebenthal (1888) Michailowka (1885) Neuburg (1887) Neu-Danzig (1875)
Neu-Freudenthal (1885) Odessa (1870)    

 
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Vereinigung in Sibirien
1923 gab es in Omsk und Umgebung 7 Gemeinden mit geschätzten 2.000 Mitgliedern.

 
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Vereinigung im Kaukasus-, Kuban- und Terekgebiet
1923 gab es in dieser Region 6 Gemeinden mit geschätzten 2.000 Mitgliedern.

 
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Gemeinden in St. Petersburg
St. Petersburg (1880)

 
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Anmerkungen und Quellen:

  • BRAUER, F. Jubiläumswoche der Baptisten in Russland. in Der Hausfreund. Eine Zeitschrift für Gemeinde und Haus, 19. Jg., Nr. 40 vom 1. Oktober 1908, S. 316f
  • GUTSCHE, W.; CHALLIER, Heinrich Neue Hilferufe der deutschen Brüder aus Rußland. in Der Hausfreund. Eine Zeitschrift für Gemeinde und Haus, 29. Jg., Nr. 5 vom 4. Februar 1923, S. 61f
  • HERB, Alfons Zwei Statistiken. in Der Hausfreund. Eine Zeitschrift für Gemeinde und Haus, 20. Jg., Nr. 26 vom 1. Juli 1909, S. 210f
  • KÖNIG, Gerhard: Die Protokolle und Berichte der 12. Bundeskonferenz im Jahr 1882 nannten eine Russisch-Türkische Vereinigung. Die in den 1860er Jahren gegründeten Gemeinden in Bulgarien und Rumänien standen unter Osmanischem bzw. Türkischem Einfluß. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1877-1878 und dem Frieden von San Stefano im März 1878 mußte das Osmanische Reich seine annektierten europäischen Besitztümer abgeben. In diesem Zusammenhang wurde die Türkei in den Konferenzprotokollen genannt. Die Bezeichnungen Russisch-Türkische Vereinigung und Russisch-Rumänische Vereinigung waren in dieser Zeit zwei unterschiedliche Benennungen für die gleiche Vereinigung.
  • LEHMANN, J.G. Statistik 1887 der vereinigten Gemeinden getaufter Christen (Baptisten) in Deutschland und den umliegenden Ländern, Verlag J.G. Oncken Hamburg, S. 18
  • LIEBIG, A. Russisch-Rumänische Vereinigung in der Beilage zum Wahrheitszeugen. Eine Zeitschrift für Gemeinde und Haus., Nr. 10 vom 15.5.1884, S. 109f
  • LIEBIG, A. Teilung der Russisch-Rumänischen Vereinigung in Der Wahrheitszeuge. Eine Zeitschrift für Gemeinde und Haus., Nr. 14 vom 15.7.1884, S. 150
  • WARDETZKE, C. Protokoll der West-Russischen Vereinigungskonferenz am 28. und 29. Mai 1904. in Der Hausfreund. Eine Zeitschrift für Gemeinde und Haus, 15. Jg., Nr. 16, August 1904, S. 11f

 
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